Psychologische Sicherheit

10.11.2023

Vor einigen Wochen erzählte mir ein Bekannter von einem Meeting in dem Unternehmen, für das er schon seit 10 Jahren arbeitet. Es war Montagmorgen und die ganze Arbeitsgruppe war virtuell versammelt.

Das Thema des Meetings war Führung und Zusammenarbeit im Team. Als die Chefin fragte, was denn jeder sich zukünftig anders wünschen würde, wagte mein Bekannter sich als Erster vor. Er sagte: “Ich fände es toll, wenn Du mir mehr Informationen zu Deinen Projektentscheidungen geben könntest. Das würde mir bei der Aufgabenbearbeitung helfen.“ Die Chefin wehrte ab: „Wenn das alles ist, was Du zu diesem Thema zu sagen hast, dann scheinst du ja kein Problem zu haben. Du kannst dich schon drauf verlassen, dass ich weiß, wem ich was sagen kann und wem nicht“. Danach – wen wundert es – sagte niemand mehr in der Runde etwas kritisches. Bei diesem Meeting und auch bei anderen Gelegenheiten nicht mehr.

Warum ist dies relevant?

Im Jahr 2012 erforschte Google im Rahmen seines Projektes Aristotle, was ein Team effektiv und erfolgreich macht. Die Forscher fanden mehrere relevante Faktoren. Doch der entscheidende Faktor für den Erfolg eines Teams war die psychologische Sicherheit im Team. 

Amy Edmondson von der Harvard Business School beschäftigt sich schon länger mit dem Aspekt der Psychologischen Sicherheit und definiert diese wie folgt: ’Psychological safety is ‘‘a sense of confidence that the team will not embarrass, reject or punish someone for speaking up,’’ (Edmondson, 1999). 

Dass nicht die Fähigkeiten einzelner Teammitglieder allein erfolgskritisch ist, ist schon lange bekannt. So wird in Teamworkshops die Art und Weise der Zusammenarbeit thematisiert. Psychologische Sicherheit geht jedoch noch weiter: Wie sicher fühlen sich einzelne Teammitglieder, zwischenmenschliche Risiken einzugehen.

Was sind zwischenmenschliche Risiken?

Wenn wir Fragen stellen, eigene Schwächen und Fehler zuzugeben, Ideen einbringen oder den Status hinterfragen, dann machen wir uns verwundbar. Wir setzen uns der Gefahr aus, bestraft oder erniedrigt zu werden. Dies sind zwischenmenschliche Risiken.

Wie im Beispiel meines Bekannten. Er äußerte einen klaren Wunsch, mehr Informationen zu getroffenen Entscheidungen zu bekommen. Dieser Wunsch wurde jedoch nicht einfach nur abgelehnt. Durch die Reaktion der Chefin machte diese deutlich, dass sie die Entscheidungskompetenz hat, wer welche Informationen braucht und bekommen darf. Eine Selbständigkeit, eine Verantwortung für den eigenen Aufgabenbereich wurden dem Mitarbeiter abgesprochen. Fühlte sich das richtig oder gut an? Nein. Mein Bekannter fühlte sich zurecht gewiesen und entmutigt, weiteres offenes Feedback zu geben. Seinen Teamkolleginnen und -kollegen erging es ähnlich. Das restliche Meeting erging sich in Belanglosigkeiten, gelernt hat die Chefin nichts mehr. Das Team umso mehr: Vermeide kritisches Feedback, auch wenn es noch so konstruktiv formuliert ist. Vermeide Fehler, und wenn sie passieren, dann versuche, diese nicht an die große Glocke zu hängen. Wirke immer und unter allen Umständen kompetent, d.h. stelle am besten keine Fragen.

Das ein solches Verhalten ein Team extrem schwächt, die Leistung mindert und es fehleranfällig macht, ist jedem von uns klar.

Doch wie kann man Psychologische Sicherheit erreichen?

Auch wenn jede/r im Team verantwortlich dafür ist eine Klima zu schaffen, in dem jede/r sich akzeptiert fühlt und einbringen kann und will, kommt Führungskräften hier eine besondere Rolle zu:

  • Sie sind ein Vorbild und sollten als solche auch offen und transparent kommunizieren. Besonders wenn sie zweifeln, Fragen haben oder Fehler machen. In dem Führungskräfte dieses offen zugeben, Fehler eingestehen und sich für Fehlverhalten entschuldigen, erleichtern sie Teammitgliedern auch diese Öffnung.
  • Führungskräfte zeigen echtes Interesse an dem, was ihre Teammitglieder bewegt, warum sie etwas tun und was ihnen wichtig ist. Dabei wertschätzen Führungskräfte alle im Team. Jede/r hat gute und weniger gute Tage. Auch bei einer scheinbaren Minderleistung ist jede/r gleich wichtig und willkommen.
  • Führungskräfte kommunizieren immer auf Augenhöhe. Auch wenn sie letztendlich in den meisten Themen die Entscheidungskompetenz und Verantwortung haben, ist ihr eigener Blickwinkel eingeschränkt und sie deswegen nicht unfehlbar. Die Beiträge der Teammitglieder sind gleichwertig zu denen der Führungskraft und dieses sollte die Führungskraft auch glaubwürdig zeigen.
  • Führungskräfte zeigen beschriebenes Verhalten jedoch nicht nur selber, sondern fordern dieses auch im Team ein. Eine Führungskraft, die negatives Verhalten billigt, richtet genauso viel Schaden an, als wenn sie selber dieses Verhalten an den Tag gelegt hätte.

Wenn Sie als Führungskraft tiefer in das Thema einsteigen wollen, dann melden Sie sich sehr gern. Vielleicht sind Sie an einer individuellen Beratung aus Expertensicht interessiert?

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Ich beantworte gerne all Ihre Fragen.

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